Nummer: 3-2008, Ausgabe SD. Seite 17
Land: Portugal

    
    

Nicht nur Schweizer Winzer zieht es mitunter für immer
in die Ferne. In der Romandie keltern zwei Südamerikaner vielbeachtete Schweizer Topgewächse.

     
Text: Matthias Rey

In den Weinbauregionen der Neuen Welt ausgewanderte Schweizer anzutreffen ist sicher weniger aussergewöhnlich, als an der Genferseeküste einen Önologen aus Chile vorzufinden. Rodrigo Banto arbeitet seit fünf Jahren bei der Firma Uvavins in Tolochenaz bei Morges. Das Handwerk hat er in Santiago de Chile erlernt, wo er nach dem Agronomiestudium die Prüfung zum Önologen ablegte. Bevor er an die Universität ging, hat Banto eine Schweizer Schule besucht, dort Deutsch gelernt und im Schüleraustausch sechs Monate am Gymnasium Neufeld in Bern verbracht. Sein Grossvater war in den 1930er Jahren von Nidwalden nach Chile ausgewandert, deshalb wurde Banto als Doppelbürger geboren. Im Anschluss an das Studium arbeitete er bei zwei der grössten Kellereien
Chiles, San Pedro und Caliterra. Nach der
Heirat und Familiengründung drängte sich ein Umzug auf. «In Chile muss man in der Hauptstadt wohnen, um für seine Kinder gute Schulen und Krankenhäuser zu finden», sagt der 38-Jährige. «Weil ich aber nicht jeden Tag 200 Kilometer zur Arbeit fahren wollte, haben wir beschlossen, es im Ausland zu versuchen.» Da lag es natürlich nahe, in die Schweiz zu ziehen, wo Banto eine Anstellung bei der Uvavins fand und die Nachfolge von Philippe Corthay als Chefönologe antreten konnte. Dass dies ausgerechnet im Rekordsommer 2003 geschah, sieht er als Glücksfall. «Die Winzer hatten wegen der hohen Temperaturen Angst um ihre Trauben, aber ich hatte Erfahrung mit solchen Verhältnissen und konnte sie beruhigen.» Mittlerweile haben seine Fertigkeiten schon manchen guten Jahrgang hervorgebracht, und es wird wahrscheinlich auch noch viele geben: «Ich habe keine Pläne, nach Chile zurückzukehren. Hier gibt es für mich noch viel zu lernen, und ich habe auch noch einiges weiterzugeben.»

Paradou statt Peru
Auf ganz anderen Wegen landete Augusto Magallanes im Schweizer Weinbau. Der Peruaner kam 1989 in die Schweiz, um an der Fachhochschule Lausanne Betriebsführung zu studieren. Auch er hatte ein abgeschlossenes Studium und Berufserfahrung im Sack, allerdings bei seiner Ankunft noch nichts mit der Önologie am Hut. Das änderte sich jedoch bald. «Ich war schon immer gerne im Freien, und während eines Praktikums bei einem Publizistikunternehmen merkte ich endgültig, dass ich kein Büromensch bin», so der heute 43-Jährige. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte er schon mehrmals in Rebbergen ausgeholfen, und als er von der Önologenausbildung in Changins erfuhr, war die Sache klar. Während des Studiums lernte Augusto Jean-Laurent Spring kennen, damals Kellermeister im elterlichen Betrieb in Nax VS. 1994 gründeten die beiden mit den Rebbergen der Familie Spring das Weingut Paradou, wo Augusto heute als Partner im Keller und Rebberg arbeitet, Kunden zu Degustationen empfängt und auch die Buchhaltung führt. Das Weingut umfasst rund vier Hektar und liegt auf fast 1000 Metern über dem Meer. Erzeugt werden an die 30 verschiedene Weine, von denen viele schon mehrfach prämiert wurden. «Die Sortenvielfalt und die Verteilung der Parzellen auf
unterschiedliche Höhenlagen machen die Arbeit sehr angenehm; die Trauben sind nicht alle zur gleichen Zeit reif», sagt Augusto Magallanes.
Augusto Magallanes
Geboren am 20. Juni 1964 in Tingo Maria, Huánuco, Peru
Wirtschaftsstudium in Peru, anschliessend Arbeit beim Steueramt und bei einer Kaffeefirma
Önologiestudium in Changins
Hobbys: Volleyball und Bergwanderungen, im Winter Schneeschuhtouren
  
Rodrigo Banto
Geboren am 10. Dezember 1969
in Santiago de Chile
Agronomiestudium mit anschliessender Zulassungsprüfung als Önologe
Verheiratet mit einer deutschen Staatsangehörigen, drei Kinder
(14, 11 und 9 Jahre alt)
Sechsfacher Chilenischer Meister im Windsurfen, Südamerika-Meister,
mehrere Olympia- und WM-Teilnahmen